Wie beeinflussen Gesetze, die Rechtsprechung und historische Machtverhältnisse die Möglichkeit der Entstehung neuer musikalischer Formen? Der Copyright-Streit um den Song Blurred Lines (2013) von Robin Thicke, Pharrell Williams und Clifford Harris Jr., den ein US-amerikanisches Gericht für ein Plagiat des Songs Got To Give it Up von Marvin Gaye aus dem Jahr 1977 befand, zeigt, so die These des Beitrags von Mel Stanfill: Die Gesetzeslage ist die eine Seite; die Rechtsprechung, geprägt von subjektiven Faktoren ebenso wie historischen Bedingtheiten, eine andere. Zum Beitrag...
Kämpfe um soziale Gerechtigkeit werden längst in der technologischen Sphäre ausgetragen, vor allem im Internet. Die Medientheoretikerin Sarah Sharma hat dabei einen besonders feindseligen Akteur identifiziert: den Social Injustice Warrior. Oft frauenfeindlich, oft männlich will er mithilfe von Technologien das soziale Feld nach seinen Wünschen organisieren. Wie man sich ihm am besten entgegenstellt, entschlüsselt Sharma in ihrem Essay. Zum Beitrag...
In Zeiten radikaler politischer, sozialer und kultureller Umbrüche erlebt die Künstlerin Ulrike Ottinger das Paris der 1960er Jahre. Ihr aktueller Film Paris Calligrammes (2019) widmet sich diesem Lebensabschnitt und erinnert an persönliche Begegnungen und Utopien. Die Literaturwissenschaftlerin Aleida Assmann führt ein in Ottingers Werkschau aus historischem Archivmaterial und eigenen filmischen Arbeiten aus Paris. Zum Beitrag...
Es waren schwierige Zeiten, als Étienne Balibar und Immanuel Wallerstein sich 1981 kennenlernten. Kurz nachdem der Front National seine erste wichtige Wahl gewonnen hatte, wurden die Themen „Rasse“, „Nation“ und „Klasse“ in ganz Frankreich äußert drängend. Der Soziologe und der Philosoph ergriffen die Gelegenheit, alle drei sozialen Konstrukte und deren Verwobenheiten mit Studierenden in einer heute legendären Vorlesungsreihe zu diskutieren. Das spätere Buch Rasse, Klasse, Nation: Ambivalente Identitäten (1988, dt: 1990) fasst Balibars und Wallersteins Forschung zusammen und reflektiert die Verknüpfung rassistischer Strukturen mit nunmehr neu etablierten globalen Klassensystemen von damals bis heute. Die Kulturwissenschaftlerin Manuela Bojadžijev sprach mit beiden Autoren über das Buch und darüber, warum es weiterhin relevant ist. Zum Beitrag...
Als Rasse, Klasse, Nation: Ambivalente Identitäten von Étienne Balibar und Immanuel Wallerstein 1990 in deutscher Übersetzung erschien, waren die Kritiken überschwänglich. Als „konkurrenzlos“ und „zukunftsweisend“ wurde die interdisziplinäre Auseinandersetzung mit Gesellschaft damals wahrgenommen, allerdings weitestgehend von einem linken, akademischen Publikum. Jahrzehnte später blickt der Migrationsforscher und Journalist Mark Terkessidis erneut auf das Werk und stellt fest, wie spannend seine Rezeptionsgeschichte gerade heute vor dem Hintergrund der Auseinandersetzung mit dem Rassismus-Begriff in Deutschland ist. Zum Beitrag...
Die binäre Gegenüberstellung von „Rasse“ und Technologie ist ein äußerst problematischer Teil des westlichen Zivilisationsnarrativs. Der Literaturwissenschaftler Louis Chude-Sokei zeigt mit Hilfe von historischen Beispielen und Science-Fiction seine Absurditäten auf. Zum Beitrag...
Wo enden Toleranz und Laissez-faire? Wann werden Schweigen und Auslassungen zu Gewalt? Die Schriftstellerin Taiye Selasi thematisiert in ihren afrofuturistischen Erzählungen und Romanen gesellschaftlich akzeptierte Formen des Wegsehens und des Nicht-Einmischens. Der Kulturtheoretiker David Theo Goldberg blickt auf rassistische und identitär motivierte Gewaltauslassungen, während der Historiker Achille Mbembe der Normalisierung des strukturellen Verlassens ganzer Bevölkerungsgruppen auf den Grund geht. Die Schriftstellerin Jessica Lauren Elizabeth Taylor fasst ihre Positionen zusammen und skizziert verschiedene gesellschaftliche Phänomene vor dem Hintergrund steigender Gewaltpotenziale. Zum Beitrag auf Englisch...
In gegenwärtigen Gesellschaften dient Angstproduktion oft als politische Strategie, um Ausnahmezustände zu legitimieren und schließlich zu normalisieren. Der Schriftsteller Sinan Antoon über das Phänomen „Flying while Muslim“, strukturelle Islamophobie und die globalen Verflechtungen von Angst, Terror und Trauma. Zum Beitrag...
Männer sind Macht, Kinder bedeuten Macht. Taiye Selasi, gefeierte Autorin von Diese Dinge geschehen nicht einfach so, gibt in ihrer Kurzgeschichte The Sex Lives of African Girls Einblicke in unhintergehbare Geschlechterhierarchien: Aus der Sicht einer Elfjährigen erzählt sie einen verhängnisvollen Tag in einer Villa in Accra, an dem sich die brutale Härte männlicher Dominanz voll entfaltet, gerade weil sie von den Frauen mitgetragen wird. Die elfjährige Edem hat keine Mutter mehr, ihre Tante Khadijeh keine eigenen Kinder, eine Chance haben beide nicht: „In the peculiar hierarchy of African households the only rung lower than a motherless child is a childless mother.“ Ein Auszug begleitend zur Gewalt-Ausgabe des Wörterbuchs der Gegenwart, an der die Autorin teilgenommen hat. Zum Beitrag...
Von „Freedom Now“ bis „White Zulu“: Der Schriftsteller Max Annas, der mehrere Jahre zu Jazz aus Südafrika an der Universität von Fort Hare in East London geforscht hat, über die politische Bedeutung dieser Musik für die Geschichte des Landes. Zum Beitrag...
Der Historiker Cemil Aydin über die Folgen des Zerfalls von Vielvölkerstaaten und das Osmanische Kalifat als Symbol weltbürgerlicher Gesinnung. Zum Beitrag...
Class, Race and Pop: Wie ein Marketingprofi in den USA die rassistische Trennung in „schwarze“ und „weiße“ Musik erfand. Der Musiker Dom Flemons, selbst „Betroffener“ dieses Schubladendenkens, erzählt von einem kaum bekannten Aspekt der amerikanischen Folk-Musik. Zum Beitrag...
„Migration und Rassismus sind historisch ganz konkret verschränkt“. Dieses ernüchternde Statement führt die Migrationsforscherin Nanna Heidenreich nicht zur Resignation, sondern zu einem Ansatz, der sich auf praktischer Ebene mit strukturellen gesellschaftlichen Herausforderungen beschäftigt: In ihrem dreiteiligen Projekt Tonspuren setzt sie auf Künstler*innen, die nicht Porträts von Geflüchteten zeichnen, sondern die Zusammenarbeit ins Zentrum ihrer Arbeit rücken – in einer Friedhofsgärtnerei, im Alltagsleben einer achtköpfigen Familie, in der Vielstimmigkeit des Zuhörens. Im Interview stellt sie die Projekte vor und erläutert ihren kuratorischen Ansatz: Projektionsflächen vermeiden, offene Verhandlungsräume schaffen, Selbstbestimmung in den Vordergrund stellen – oder, ganz simpel: ins Gespräch kommen. Zum Beitrag...