Es waren schwierige Zeiten, als Étienne Balibar und Immanuel Wallerstein sich 1981 kennenlernten. Kurz nachdem der Front National seine erste wichtige Wahl gewonnen hatte, wurden die Themen „Rasse“, „Nation“ und „Klasse“ in ganz Frankreich äußert drängend. Der Soziologe und der Philosoph ergriffen die Gelegenheit, alle drei sozialen Konstrukte und deren Verwobenheiten mit Studierenden in einer heute legendären Vorlesungsreihe zu diskutieren. Das spätere Buch Rasse, Klasse, Nation: Ambivalente Identitäten (1988, dt: 1990) fasst Balibars und Wallersteins Forschung zusammen und reflektiert die Verknüpfung rassistischer Strukturen mit nunmehr neu etablierten globalen Klassensystemen von damals bis heute. Die Kulturwissenschaftlerin Manuela Bojadžijev sprach mit beiden Autoren über das Buch und darüber, warum es weiterhin relevant ist. Zum Beitrag...
Als Rasse, Klasse, Nation: Ambivalente Identitäten von Étienne Balibar und Immanuel Wallerstein 1990 in deutscher Übersetzung erschien, waren die Kritiken überschwänglich. Als „konkurrenzlos“ und „zukunftsweisend“ wurde die interdisziplinäre Auseinandersetzung mit Gesellschaft damals wahrgenommen, allerdings weitestgehend von einem linken, akademischen Publikum. Jahrzehnte später blickt der Migrationsforscher und Journalist Mark Terkessidis erneut auf das Werk und stellt fest, wie spannend seine Rezeptionsgeschichte gerade heute vor dem Hintergrund der Auseinandersetzung mit dem Rassismus-Begriff in Deutschland ist. Zum Beitrag...
Wo enden Toleranz und Laissez-faire? Wann werden Schweigen und Auslassungen zu Gewalt? Die Schriftstellerin Taiye Selasi thematisiert in ihren afrofuturistischen Erzählungen und Romanen gesellschaftlich akzeptierte Formen des Wegsehens und des Nicht-Einmischens. Der Kulturtheoretiker David Theo Goldberg blickt auf rassistische und identitär motivierte Gewaltauslassungen, während der Historiker Achille Mbembe der Normalisierung des strukturellen Verlassens ganzer Bevölkerungsgruppen auf den Grund geht. Die Schriftstellerin Jessica Lauren Elizabeth Taylor fasst ihre Positionen zusammen und skizziert verschiedene gesellschaftliche Phänomene vor dem Hintergrund steigender Gewaltpotenziale. Zum Beitrag auf Englisch...
Wie lässt sich eine nicht-essentialistische Vorstellung von Identität entwickeln? Welche Strategien sind nötig, um die Imagination zu dekolonialisieren? Anselm Franke und Hyunjin Kim, die Kurator*innen der Ausstellung 2 oder 3 Tiger, über die kolonialistischen Anfänge weltweiter Überwachung, die Abgründe von Nationalismen historisch und heute und Möglichkeiten der Emanzipation von klassischen Traditionsverständnissen in Ostasien wie im Westen. Zum Beitrag auf Englisch...
Der Historiker Cemil Aydin über die Folgen des Zerfalls von Vielvölkerstaaten und das Osmanische Kalifat als Symbol weltbürgerlicher Gesinnung. Zum Beitrag...