Die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg war von dem Zusammenwirken technisch-wissenschaftlicher Umwälzungen geprägt, die sich in entsprechenden politischen Transformationen abbildeten. Insbesondere Architektur und Design befassten sich damals verstärkt mit der Frage, wie die Umwelt und ihre Bewohnung als Lebensraum, als menschliches Habitat, aussehen sollten. Nach 1945 kam es zu zwei scheinbar miteinander unvereinbaren Reaktionen auf die vorangegangene Katastrophe: Einerseits erging man sich zu Beginn des Kalten Krieges in Albträumen von negativen Zukünften, Apokalypsen und Überwachungsstaaten. Andererseits imaginierten zahlreiche Gestalter*innen, Sozialwissenschaftler*innen, Architekt*innen und Kunstbewegungen eine neue Weltordnung und neuartige, durch die aufkommenden (Computer-)Technologien ermöglichte Lebensweisen. Beide Tendenzen waren zugleich Reaktionen auf veränderte Energie-Infrastrukturen, Entkolonialisierungsprozesse und gewalttätige Rassenkonflikte, ab den 1970er Jahren auch auf Globalisierung, Postindustrialisierung und den Zusammenbruch des internationalen Bretton-Woods-Währungssystems.

Diese Ansätze kamen erstmals um 1948 auf. In den 1950er und 1960er Jahren erforschten Architekturbüros wie Archigram in England, Superstudio in Italien und die japanischen Metabolisten mögliche neue Formen von mechanischem und organischem Leben. Schwimmende Städte, steuerbare Städte und andere avantgardistische Projekte eroberten neue Territorien. Die halb kritischen, halb spielerischen Ansätze waren speziell durch die damals aufkommenden kybernetischen Vorstellungen von Umwelt und Ökologie informiert und zeigten eine radikale Experimentierfreude.

Technische Steuerung wurde ab diesem Moment zu einem wichtigen Faktor im Verständnis von Lebensräumen – nicht nur in Architektur und Städtebau, sondern mit Blick auf die Ernährungssicherung zum Beispiel in der Industrialisierung der Landwirtschaft. Ähnlich wurden bisherige Vorstellungen von öffentlicher Gesundheitsvorsorge und Bevölkerungsplanung in neue Ansätze der statistischen Erhebung und Datensammlung, der organisierten Verwaltung und Volkswirtschaft integriert. Es entstand ein neuer Typ von Hilfsorganisation. Hauptanliegen in dieser Zeit war die Verwaltung von Mutterland und Kolonien unter veränderten Bedingungen rund um die Welt. Ältere Machbarkeitsfantasien verknüpften sich in einer technisch anspruchsvolleren, bisweilen sogar vollständig automatisierten und skalierbaren Art und Weise.

Dies hatte weitreichende Folgen, die sich nirgendwo so deutlich zeigten, wie im Umgang mit der nuklearen Gefahr und der Bevölkerungsplanung. Ganz plötzlich stieß man an die Grenzen des Wachstums, von Leben auf diesem Planeten und auf Fragen der Umweltverschmutzung. In der unmittelbaren Nachkriegszeit begann man, Vorstellungen vom Lebensraum und Klima zu überdenken – und mit ihnen politische Einstellungen gegenüber bestimmten Bevölkerungsteilen, ihren jeweiligen Siedlungsorten und ob diese opferbar oder erhaltungswürdig schienen. So wie solche Resilienz- und Nachhaltigkeitsdiskurse mittlerweile das politische Denken bestimmen, ist es nun auch wichtig, darüber nachzudenken, wie die Raumschiffe und Smart Cities der Zukunft aussehen werden.

Hinter den Programmen der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) steht beispielsweise die große Frage, wie das Leben auf der Erde in den nächsten Jahrzehnten und Jahrhunderten weitergehen kann. Diese Frage ist nicht notwendig anthropozentrisch. Denn solche Programme sorgen sich mehr darum, wie sie ihre Roboter oder Organismen unter hoher Strahleneinwirkung am Leben erhalten oder wie sie 3D-Drucker auf dem Mond installieren können, um von dort aus Weltraumkolonien zu versorgen. Flechten, Pilze und Roboter werden dereinst auf dem Mars ihre eigene Party feiern, während sie neue Siedlungen für Menschen errichten. Die Frage nach den Lebensbedingungen wird also heute noch einmal in ganz anderen Größenordnungen gestellt. Man überlegt bereits, welche Teile der Welt womöglich aufgegeben werden müssen und welche Zukunft ein Leben jenseits der Erde hat.

Unterdessen entstehen in den USA und anderswo zahlreiche Systeme im Geiste des Katastrophenschutzes, der noch auf Forschungen der RAND Corporation aus der Zeit des Kalten Krieges zurückgeht. Er liegt insbesondere im Städtebau aktuellen Resilienzstrategien im Umgang mit Naturkatastrophen zugrunde. Beispielsweise wurde nach dem Wirbelsturm Sandy in New York die Parole „reparieren und befestigen“ ausgegeben. Doch was genau sollte man reparieren und befestigen? Und gegen welche Bedrohung? Es scheint heute wichtig zu betonen, dass wir die ganze Varianzbreite und Möglichkeiten des Lebens und seiner Habitate betrachten. Eine sture Fixierung auf das Überleben allein kann nicht alles sein.