Was ist Zeit? Und was machen Beschleunigung einerseits und Big Data andererseits mit den Menschen? Die Soziologin Helga Nowotny hatte sich schon 1989 mit der entscheidenden Frage beschäftigt, wie sich die Veränderungen in der Gesellschaft auf das Zeitgefühl auswirken: Ihr Buch Eigenzeit traf einen Nerv, entwickelte sich zum Klassiker mit Übersetzungen ins Französische, Englische und Italienische. Nun hat sie sich das Thema erneut vorgenommen: Wie steht es um das Empfinden der (eigenen) Zeit heute?
Datenrausch und globale Echtzeit-Kommunikation haben eine neue Form der medialen „Eigenzeit“ geschaffen: die Möglichkeit, ununterbrochen über digitale Netzwerke mit allen verbunden zu sein. Auf der Strecke bleibt aber die Hoffnung, die Kontrolle über die Zeit behalten zu können: Die Vergangenheit schrumpft zusammen, die Zukunft entzieht sich der Steuerung. Helga Nowotny hält es hier mit dem Ethnologen Arjun Appadurai. Die verbesserten Lebensumstände eröffnen den Menschen die „capacity to aspire“, die Fähigkeit, Wünsche und Sehnsüchte zu haben. Dazu müssen wir allerdings die verkümmerte gesellschaftliche Imagination vom guten Leben reanimieren.
Eine Multimedia-Dokumentation der Veranstaltung finden Sie hier. Der dazugehörige Band Die Zeit der Algorithmen ist Teil der Publikationsreihe Bibliothek 100 Jahre Gegenwart.