Congo Square ist ein öffentlicher Treffpunkt an der North Rampart Street im Louis Armstrong Park in New Orleans. Im Laufe der 300-jährigen Geschichte der 1718 gegründeten Stadt hatte der Ort viele Namen, darunter Circus Square, Place d’Armes und Beauregard Square. Zu den zahlreichen Veranstaltungen, die hier stattfanden, gehörten Zirkusvorführungen, militärische Exerzierübungen, Heißluftballonfahrten, Feuerwerke und das Ballspiel einer First Nation Kultur. Doch es waren die kulturellen Praktiken versklavter Afrikaner*innen, die an diesem Ort stattfanden und die ihn in der ganzen Welt bekannt machen sollten. Die Versammlungen am Congo Square fanden über einen längeren Zeitraum regelmäßig statt, und weitaus länger als an jedem anderen öffentlichen Ort in Nordamerika.

Dass sich versklavte Menschen hier treffen konnten, war ein indirektes Resultat des Code Noir – ein Gesetz, das Louisiana 1724 verabschiedet hatte, um das Leben und das Miteinander seiner Bewohner*innen zu regeln. Artikel II der über fünfzig Bestimmungen wies die Eigentümer*innen versklavter Personen an, sie im römisch-katholischen Glauben zu taufen. Artikel V bestimmte den Sonntag für alle Bewohner*innen der Kolonie zum arbeitsfreien Tag. Die Ausweitung dieses arbeitsfreien Tages auf versklavte Menschen bot ihnen die Möglichkeit, an Sonntagen Geld zu verdienen und sich am Nachmittag zur Freizeitgestaltung zu treffen – beides mit Erlaubnis ihrer Besitzer*innen.

An ihrem gemeinhin als „frei“ anerkannten Tag versammelten sich versklavte Afrikaner*innen neben freien People of Color an verschiedenen Orten wie Deichen, Hinterhöfen und anderen öffentlichen Plätzen zu Kreistänzen. 1817 veranlasste eine städtische Verordnung den Bürgermeister dazu, solche Treffen auf einen einzigen Ort zu beschränken. Die Wahl fiel auf einen öffentlichen Platz am „Stadtrand“, der später als Congo Square bekannt werden sollte. 1819 schrieb der Pastor Henry Cogswell Knight (Pseud.: „Arthur Singleton, Esq.“) auf seiner Durchreise durch die Stadt: „Am Sabbatabend treffen sich die afrikanischen Sklaven auf dem Grün, am Sumpf, und bringen die Stadt mit ihren Kongotänzen zum Vibrieren.“

Während des transatlantischen Menschenhandels mit Louisiana, wo das erste Sklavenschiff 1719 eintraf, stammte der mit Abstand größte Teil der Gefangenen, die in die Kolonie gebracht wurden, aus Westafrika und dem westlichen Zentralafrika: Unter der französischen Herrschaft kamen zwei Drittel von ihnen aus der Region Senegambia. In Zeiten der spanischen und frühen amerikanischen Herrschaft stammte die größte geschlossene Gruppe, die nach Louisiana verschifft wurde, aus der Region Kongo/Angola.

Als am 1. Januar 1808 das Verbot des transatlantischen Menschenhandels in Kraft trat, führte das zu einem gewaltigen Anstieg des inländischen Menschenhandels, der zu Kauf und Verkauf von Menschen innerhalb der Grenzen der USA führte. In Folge entwurzelten Händler*innen Tausende versklavter Schwarzer aus Staaten wie Virginia und Maryland, die am Menschenhandel beteiligt waren, um sie an Orten wie New Orleans im Südosten zu verkaufen. Die meisten dieser versklavten Menschen waren bereits in den USA geboren worden. Tausende von Menschen haitianischer Herkunft, versklavte und freie, hatte es infolge der haitianischen Revolution ebenfalls in die Region verschlagen. Einige kamen ab den 1790er Jahren direkt aus Saint-Domingue (Haiti), andere im Jahr 1809 über Kuba.

Die wachsende Zahl und Vielfalt von Menschen mit afrikanischen Vorfahren in New Orleans, die zum Teil bereits in der Stadt geboren wurden, äußerte sich sicht- und hörbar in den Musikinstrumenten, Liedern und Tänzen, die man bei den Treffen auf dem Congo Square erleben konnte. In Berichten von den ersten Zusammenkünften werden zunächst nur afrikanische und kreolische Lieder, religiöse Praktiken aus afrikanischen Kulturen und Musikinstrumente nach afrikanischem Vorbild erwähnt. Der Reiseschriftsteller Christian Schultz, der 1808 bei einem der Treffen zugegen war, schrieb: „Sie haben ihre eigene nationale Musik, die zum großen Teil aus einer langen, schmalen Trommel in unterschiedlichen Größen von zwei bis acht Fuß Länge besteht, von denen drei oder vier eine Musikgruppe bilden.“ (Vgl. Christian Schultz: Travels on an inland voyage through the states of New-York, Pennsylvania, Virginia, Ohio, Kentucky and Tennessee : and through the territories of Indiana, Louisiana, Mississippi and New-Orleans; performed in the years 1807 and 1808; including a tour of nearly six thousand miles. New York: 1810).

Der US-amerikanische Architekt Benjamin Latrobe besuchte an einem Sonntagnachmittag 1819 mehrere der Kreise am Congo Square, und zeichnete einige der dort gesehenen Musikinstrumente, darunter Trommeln und eine banza (ein aus einer Kalebasse gefertigtes Saiteninstrument und Vorläufer des Banjos). Bei der Beobachtung eines Kreises wurde er Zeuge, wie Frauen innerhalb des Rings tanzten, eine hinter der anderen, jede den Zipfel eines Taschentuchs in den Händen. Latrobe berichtete außerdem von Liedern in einer afrikanischen Sprache, deren Stil er als rhythmischen Wechselgesang („call and response“) bezeichnete. Andere Autor*innen erzählten von Liedern in kreolischer Sprache, sogenannten „kreolischen Sklavenliedern“, die zu Tänzen wie Calinda und Juba gesungen wurden. Beliebt unter diesen Liedern war Quan Patate la Cuite, das aus Haiti nach New Orleans kam. Das Lied begleitete den Congo- und den Bamboula-Tanz, und wie so viele andere populäre Lieder hatte es auch den aus Afrika stammenden Habanera-Rhythmus.

Mit der Zeit gab es erste Berichte über Musikinstrumente, die nicht aus Afrika stammten. So schrieb James Creecy 1834: „Gruppen aus jeweils fünfzig und hundert Menschen sind in verschiedenen Bereichen des Platzes zu sehen, mit Banjos, Tomtoms, Violinen, Quijadas, Triangeln und anderen Instrumenten.“

Reel- und Jig-Tänze und Lieder, die ihren Ursprung in Minstrel-Shows wie Old Virginia Never Tire, Hey Jim Along und Carry Me Back to Old Virginia hatten, waren Teil der Szene geworden. Diese Stilrichtungen, die eigentlich aus England, Irland und anderen Teilen Westeuropas stammten, existierten neben Musikinstrumenten, Liedern und Tänzen afrikanischen Ursprungs und bereiteten der unvermeidlichen Vermischung bereits existierender und neu entstehender Praktiken in den Folgejahren den Weg.

Noch heute weisen diese neuen afroamerikanischen Darbietungsformen, darunter auch Jazzmusik, Second Line Dance und die Musik der „Mardi Gras Indians“, (Schwarze Menschen, die sich an Karneval als amerikanische Ureinwohner*innen verkleiden), Merkmale ihrer afrikanischen Vorläufer auf und bilden das Herzstück populärer Kultur in New Orleans. Das Winken mit Taschentüchern beim Tanzen ist in der Stadt allgemein üblich – besonders beim Tanzen in der zweiten Reihe – eine Tradition, die von sämtlichen Kulturen bei Paraden, Partys und Hochzeiten gepflegt wird.

Der beliebte, auch als Tango bekannte Habanera-Rhythmus, gehört zu den Vorläufern des frühen Jazz. Jerry Roll Morton, der oft als der erste Jazzkomponist gilt, nannte ihn den „Spanish tinge“, den „spanischen Touch“, der seiner Ansicht nach vorhanden sein müsse, um dem Jazz die richtige Würze zu verleihen. Eine seiner gemeinhin als Tresillo bekannten Varianten ist in der Musik von New Orleans so verbreitet, dass sie in der Stadt mehrere Namen hat: Second-Line Beat, Street Beat, Bamboula Beat, Parade Beat oder auch New Orleans Beat. Dieser Drei-Schläge-Rhythmus bildet die Grundlage für Mardi Gras Indian Music wie das beliebte Gesangsstück Hey Pockey Way.

Der Einfluss der Zusammenkünfte am Congo Square reichte über Musik und Tanz und die Stadt New Orleans hinaus. Dies lag auch an Minstrel-Darsteller*innen wie E. P. Christy, die an Sonntagnachmittagen zuschauten und sich Lieder und Tänze für ihre Vorführungen aneigneten. Sie wurden danach von Christy und anderen auf Bühnen im ganzen Land aufgeführt, auch am Broadway in New York. Jazz wird mittlerweile international auf allen Kontinenten gespielt und gilt als Amerikas Geschenk an die Welt. Wie die Forschung fortwährend zeigt, sind viele der einst marginalisierten Praktiken, die Afrikaner*innen und deren Nachfahren auf dem Congo Square bewahrten, in New Orleans und weltweit zu Mainstream-Traditionen geworden oder haben deren Entstehung beeinflusst.