Es gibt zwei Spielarten von Gewalt, betont Weizman: die eruptive Form, die bei offenen Konflikten zutage tritt, und die langsamere Form ökologischer Gewalt, die nicht so leicht zu erkennen ist, aber nicht weniger wirksam. Ein prägnantes Beispiel ist die Vertreibung der Beduinen aus der Wüste Negev in Israel. Als Nomaden wird ihnen der rechtliche Anspruch auf Land verweigert. Untermauert wird diese Strategie durch die Verlegung der sogenannten „Desert Line“: Landwirtschaft, so die offizielle Begründung, ist in diesen Gebieten wegen des Klimawandels nicht mehr möglich. Die einzige Möglichkeit, solchen Strategien entgegenzutreten, ist die Gründung eines überstaatlichen, öffentlichen Forums, das auf Methoden zurückgreift, die üblicherweise dem Staat vorbehalten sind. Satellitendaten können belegen, dass es in diesen Gebieten immer schon Siedlungen gegeben hat – und nach wie vor gibt.
Dipesh Chakrabarty führt die Idee eines supranationalen Forums noch ein Stück weiter. Er nimmt eine planetarische Perspektive ein, betrachtet das Klima von außerhalb der Erde, sagen wir, vom Mars oder von der Venus. Aus der Distanz gesehen, lässt sich feststellen: Die Menschheit als komplexe Spezies verfügt über ein tierisches und eine moralisches Wesen, die sich ständig im Weg sind. Weil homo sapiens sich schneller entwickelt hat als die Evolution, konnten sich die Ökosysteme nicht rechtzeitig anpassen. Der so hervorgerufene Wandel fällt nun – im Zeitalter des Anthropozän –auf den Menschen zurück. Eine moralische Position einzunehmen, hilft hier allerdings nicht weiter. Gerecht zu Mikroben zu sein – die den wichtigsten Faktor des Lebens auf der Erde ausmachen – macht wenig Sinn. Und „die Menschheit“ als Adressat einer solchen moralischen Kritik ist ohnehin von geringem Nutzen: Diese Kategorie ist viel zu vage.
Letztendlich, so Chakrabartys Resümee, bewegt sich das oben skizzierte planetarische Forum ständig zwischen zwei Polen: Man muss ganz nah heranzoomen, um Ungerechtigkeiten auf individueller Ebene aufdecken zu können. Wenn man andererseits herauszoomt, zeigt sich, dass die Lebensqualität – für reiche wie arme Menschen – im Großen und Ganzen gewachsen ist. Und das ist – von außen betrachtet – ein Hoffnungsschimmer.